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Wir schlendern durch eines der Dörfer, viermal täglich fährt ein Bus, aber nur, wenn man vorher anruft. Ein Schild weist den Weg zu Post, Arzt und Bücherei. Sie sind, wie meistens hier, im selben Haus. Bei Värska und Petseri liegt das Zentrum der Seto. Seit Jahrhunderten lebt die Minderheit, unbehelligt von deutschen oder russischen Besatzern, im Grenzland. Aare und Rieka Hõrn sind Kulturbotschafter der Seto, sie haben uns eingeladen in ihr gemütliches Häuschen, es gibt Pfannkuchen mit Saure-Sahne-Sauce und geräuchertem Fleisch, so zart, dass man es fast mit dem Strohhalm essen könnte. Die beiden haben viel zu erzählen, sie stapeln Bücher, Bilder, Rezepte auf dem Tisch. Zwischen den Gängen: selbst gebrannter Schnaps. Die Kultur der Seto ist ein heiterer Mix aus orthodoxem Christentum und Naturreligion. Sie sind stolz auf ihre Unabhängigkeit. „Wir haben gelernt, außerhalb von Grenzen zu leben“, sagt Aare. Fühlt er sich als Europäer? „Für uns sind die kleinen Einheiten wichtiger. Das hier ist Setomaa – wie Wales oder Schwaben.“ Der Herr des Hauses gießt ein, immer mit rechts, immer im Uhrzeigersinn, er sitzt nicht am Tisch, sondern daneben, so ist es Sitte bei den Seto. Was wir nicht wissen: Wenn er das Glas reicht, darf man auch ablehnen mit den Worten „Sieht aus wie Wasser! Trink selbst!“ Am Ende sind wir fast betrunken. Er nicht.
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