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Doch so unwahrscheinlich es klingt, den beiden Künstlern geht es nicht um Provokation. Dazu sind sie viel zu abgeklärt. Mit dem Gemeinplatz der zeitgenössischen Kunstkritik, dass Provokation in der Post-Postmoderne nicht mehr wirklich möglich ist, sind sie bestens vertraut. Ihre eigenen Arbeiten waren 1997 Teil der Ausstellung Sensation, wo das Transgressive ein großes, letztes Aufbäumen feierte, nur um seinen Schockwert angesichts der gewalttätigen Medienbilder aus Sarajevo, Afghanistan, dem Sudan oder Abu Ghraib endgültig zu verlieren. Wenn man Jake und Dinos Chapman reden hört, wird deutlich, dass sie sich sogar über den Provokationswert ihrer Arbeit lustig machen. Jüngst hat Jake gar seinen ersten Roman mit eigenen Illustrationen veröffentlicht, die auch für die Sammlung Deutsche Bank angekauft wurden. Ganz nett. Doch das Buch ist erwartungsgemäß eine obszöne Hinrichtung des klassischen Liebesromans, spielt auf einer tropischen Insel und erzählt von dem Kampf zweier Männer um die Heldin Chlamydia - die genauso heißt wie eine Geschlechtskrankheit. Die Freude an der Regression trägt bei den Chapmans geradezu pubertäre Züge. Dazu gehört auch, dass sie für den Titel ihrer aktuellen Ausstellung das Pathos des "Memento Mori" auf die Schippe nehmen. Aus dem Gedenken an die eigene Sterblichkeit wird das Gedenken an die eigene Idiotie: "Moronika" ist eine Wortschöpfung, die auf dem englischen "Moron" beruht, was soviel heißt wie "Vollidiot". Das könnte man angesichts von trendgerechter "Political Correctness" durchaus als Zeitkritik verstehen. Wären da nicht die Äußerungen der beiden Brüder, die sich als selbst erklärte "gealterte Punks" jeder Programmatik entziehen. "Wir wollten eigentlich nur mit der Idee von Degenerierung spielen, von Idiotie", erläutert Jake.
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