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An der Montage der Ausstellung stach die Verwendung von Fotografie und Information hervor, in der sich zwei ganz bestimmte ästhetische Ideologien verbanden: auf der einen Seite der Rückgriff auf das Bild als Zeugnis der Armut, auf der anderen die Integration des/der BetrachterIn in eine Umgebung, die von visuellen und textuellen Stimuli überbordete. Der Gebrauch der Fotografie in Bezug auf den ersten Punkt ging zurück auf einen Aspekt, der von Jorge Ribalta als „fotografische Opfertradition“ bezeichnet wurde (Ribalta 2008: 12-21). Das fundamentale Kennzeichen dieser Ikonographie stellt die von John Grierson 1926 entwickelte Idee der Fotodokumentation und ihre ersten effektiven Realisierungen in den Kampagnen dar, die von den Reformpolitikern der USA während der ersten Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts begonnen wurden und die ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre mit dem Projekt der Farm Security Administration (FSA) erreichten. Dieser Blick, den Martha Rosler mit dem „sozialen Bewusstsein der in Bildern präsentierten liberalen Sensibilität“ (Rosler 2004: 70) verband, ordnet in Tucumán Arde seine rein informative Komponente der Aktivierung von Empathie und Mitgefühl bei dem/der BetrachterIn unter, und das in einem Kontext, der geprägt war von der Entstehung der argentinischen Neuen Linken, in der bestimmte Sektoren des Peronismus eine Synthese aus Christentum und Marxismus entwarfen. Martha Rosler selbst hat die Verbindungen zwischen dem Auftauchen der Fotodokumentation und der „christlichen Ethik“ aufgedeckt (Rosler 2004: 72). Die Vorstellung von Nächstenliebe, zentral für die besagte Ethik, schwebte über einigen der Initiativen, die die argentinische Erfahrung begleiteten, wie dem Aufbau eines Stands, an dem Lebensmittel gesammelt wurden, um sie in das Umland von Tucumán zu schicken. Als Kontrast wurde daneben ein Text aufgenommen, in dem darauf hingewiesen wurde, dass es sich nicht um ein Werk der Wohltätigkeit handelte, sondern dass die Betreiber die soziale Ungerechtigkeit lindern wollten.
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