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Bedenkt man die öffentliche Aufmerksamkeit, welche die Berliner Museen erregen, dann erstaunt den Spaziergänger die Gelassenheit, mit der man die musikalische Geschichtsvergessenheit Berlins hinzunehmen bereit ist. Der Sturm der Entrüstung, den die Pläne zur Umsiedelung von Teilen der Gemäldegalerie verursacht haben, ist in musikalischen Fragen kaum denkbar: Mit stoischer Ruhe scheint man hinzunehmen, dass ein international herausragendes Opernhaus unter den improvisatorischen Umständen des Schillertheaters arbeiten muss, unter nach wie vor nicht absehbaren Fristen. Der 150. Geburtstag von Richard Strauss scheint, wie mancher andere musikalische Gedenktag, in der Stadt weitgehend unbeachtet zu verhallen. Der Spaziergänger auf den Spuren der musikalischen Geschichte Berlins fühlt sich daher zuweilen wie ein Archäologe, der nach Trümmern längst vergangener Zeiten sucht. Die Ansicht, das selbstverliebte Berlin habe solche Selbstvergessenheit nicht nötig, ist freilich diejenige eines Fremden. Es wäre aber vielleicht nicht nur für ihn ein Glück, wenn Berlin den Mut finden würde, sich als Musikstadt zu begreifen. Diese Einsicht wäre für einmal gewiss nicht großspurig oder gar übertrieben, sie wäre einfach nur angemessen. Vielleicht ist es aber vor allem diese Angemessenheit, die wahrhaft Mühe bereitet.
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